Die Projektstelle FGM/C des Migrationszentrums für Stadt und Landkreis Göttingen, eine Einrichtung des Diakonieverbands im Kirchenkreis Göttingen-Münden, die beiden Koordinatorinnen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Stadt und Landkreis Göttingen sowie über 80 Teilnehmende eines Fachtages haben unter dem Motto „Gemeinsam gegen FGM/C – Bündnis Region Göttingen“ ein Bündnis gegen weibliche Genitalverstümmelung gegründet.
Ziel des Zusammenschlusses ist es, Wissen zu bündeln, die Gesellschaft auf das Thema aufmerksam zu machen und in regelmäßigen Veranstaltungen Fachpersonal aus Medizin und Geburtshilfe, Fachkräfte im Bereich Opferschutz und Prävention, Beratungsstellen, Community-Gruppen, Schutzeinrichtungen, Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe, Lehrkräfte, Sozialpädagopg:innen und Sozialarbeiter:innen, Jurist:innen, Staatsanwaltschaft, Verwaltung und Politik in diesem Bereich weiterzubilden.
Am 11. September trafen sich aus diesen Bereichen über 80 Personen im Ratssaal der Stadt Göttingen zum Fachtag „FGM/C – Weibliche Genitalverstümmelung“. Organisiert wurde er von Nicole Schmale (Projektstelle FGM/C im Migrationszentrum), Anna Maierl (Gleichstellungsbüro Stadt Göttingen) und Mirja Ramola (Gleichstellungsstelle Landkreis Göttingen). Im Einführungsvortrag von Mona Khogali, Fachreferentin zum Thema FGM/C und Mitbegründerin des Vereins „Mein Körper gehört mir e.V.“, berichtete eindrücklich über ihre eigenen Erfahrungen und ihre Beratungstätigkeit. Sie begleitet betroffene Frauen u.a. zu ärztlichen Untersuchungen, veranstaltet Workshops für Betroffene, führt Hausbesuche durch und berät von Genitalverstümmelung bedrohte Mädchen. Anschließend bildeten sich drei Gruppen, in denen Expert:innen vertiefende Informationen. Claire Deery, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Migrationsrecht in Göttingen, gab einen Einblick in das Asylrecht und in neuste Urteile. Alexandra Fastnacht, Sozialarbeiterin beim Diakonischen Werk im Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen berichtete über den sozialpädagogischen Umgang mit Thema FGM/C und wie ihre Beratungstätigkeit und Präventionsarbeit aussieht. Dr. Helmut Jäger, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, klärte über medizinische Aspekte auf. Nach den fachlichen Inputs fanden sich Deery, Fastnacht und Khogali zu einer Podiumsdiskussion zusammen, bei der auch viele Fragen aus dem Publikum, vor allem zum sensiblen Umgang mit Betroffenen, geklärt werden konnten.
Über FGM/C
Weltweit sind Schätzungen zufolge mehr als 200 Millionen Frauen in über 90 Ländern der Welt von Genitalverstümmelung betroffen. Neben verschiedenen afrikanischen Ländern, wird FGM/C auch auf der arabischen Halbinsel, in einigen Ländern Asiens sowie in einigen Ländern Südamerikas praktiziert. In Niedersachsen geht man von einer Zahl von über 5.200 betroffenen Frauen und von rund 1.800 Mädchen aus, welche von weiblicher Genitalverstümmelung bedroht sind. Bedroht bedeutet, dass auch Mädchen, die hier in Deutschland leben, während einer Reise in ihr Herkunftsland Gefahr laufen, dort verstümmelt zu werden. Seit 2013 ist weibliche Genitalverstümmelung, auch wenn sie im Ausland ausgeführt wird, in Deutschland ein Straftatbestand. FGM/C kann schwerwiegende körperliche Komplikationen, bis hin zum Tod, und erhebliche seelische Belastungen wie Traumatisierungen zur Folge haben, unter denen die Betroffenen häufig ein Leben lang leiden.